Diese Frau ist eine Urgewalt. Die Französin Angely Bouillot springt Megaloops höher und radikaler als viele Männer – obwohl sie erst vor fünf Jahren ins professionelle Kiten eingestiegen ist. 2019 hatte sie sich vorgenommen, als erste Frau beim King of the Air in Kapstadt an den Start zu gehen. Nachdem das Teilnehmerfeld wieder nur männlich besetzt wurde, schüttelte sie mit ihren Freundinnen kurzerhand ihren eigenen Big-Air-Event aus dem Ärmel. Die 31-Jährige sprudelt vor Energie, Inspiration und Mut und setzt sich dafür ein, dass Big Air auch bei den Damen endlich in den Fokus rückt.
Hi Angely! Wir hatten arg die Daumen gedrückt, dass es für dich als erste Frau mit der KOTA-Teilnahme klappen könnte, allerdings wurden am Ende doch wieder nur Männer ausgewählt. Wie groß war die Enttäuschung, es nicht ins Hauptfeld geschafft zu haben? Und wie viel Chancen hattest du dir selbst ausgerechnet?
Vielen Dank, dass ihr meine Entwicklung schon so lange verfolgt. Ich bin nicht enttäuscht, dass ich dieses Jahr nicht für den KOTA ausgewählt wurde. Ehrlich gesagt spornt mich das nur an, noch härter zu trainieren, damit es vielleicht nächstes Mal klappt. Außerdem hoffe ich, dass ich mit meiner Bewerbung ein paar andere Mädels inspirieren und zeigen kann, was bei den Damen im Big Air alles möglich ist. Ich habe gar nicht darüber nachgedacht, wie hoch die Chance genau sein könnte. Das Einzige, was ich wusste: Ich war bereit für diesen Wettbewerb.
Findest du es unfair, dass beim KOTA ausschließlich Männer antreten und es keinen Frauen-Wettbewerb gibt? Dieses Jahr durftest du gegen Hannah Whiteley im Vorprogramm des Contests eine Expression Session fahren, aber das ist ja mit dem Contest nicht ansatzweise vergleichbar.
Ich finde nicht, dass das unfair ist. Beim KOTA geht es schließlich um das radikalste Level, auf dem Kitesurfen möglich ist, und nicht um Geschlechtergleichheit. Das hoffe ich zumindest. Wieso also sollte ich oder ein anderes Mädel oder von mir aus auch ein Hund gegen die Fahrer dort antreten dürfen, die eben auf diesem absoluten Top-Level fahren?
Mit dem Queen Is Born hast du mit einigen anderen Mädels eine Woche vor dem KOTA einen eigenen Big-Air-Event ins Leben gerufen. Dort durften ausschließlich Frauen antreten. Was steckt hinter der Idee? Und hattet ihr den Event schon länger geplant oder kam die Idee spontan, nachdem die KOTA-Organisatoren das rein männliche Fahrerfeld bekannt gegeben hatten?
Wir haben uns dazu entschieden, nachdem bekannt wurde, dass keine Frauen beim KOTA teilnehmen werden. Tatsächlich kam die Idee von einem meiner Sponsoren. Pierre Sinodinos von Aneo, einem Pariser Innovationsunternehmen, machte den Vorschlag dazu. Die sind Experten darin, alternative Lösungswege aufzuzeigen und Menschen sich neu erfinden zu lassen. Ich bin dann auf meine Freundinnen Tereza Simonova, Aniek Duyverman und Jasmin Wukitsevits zugegangen und habe sie gefragt, ob sie mich unterstützen wollen. Du kannst dir nicht vorstellen, wie es danach abgegangen ist! Das Interesse in der Community an der Veranstaltung war riesig und wir bekamen enorm viel Unterstützung. Das Ziel des Events war, andere Mädels dazu zu inspirieren, an Big-Air-Wettbewerben teilzunehmen. Wir wollten zeigen, dass Frauen sich auch richtig fett heraushauen können und einen ernsthaften Platz im Big Air verdienen.
Es gibt nicht viele Frauen, die sich auf Big Air konzentrieren. Im Freestyle sieht das anders aus, da ist das Feld der Fahrerinnen viel stärker besetzt. Woran liegt das? Und wieso hast du dich eigentlich für Big Air und nicht für Freestyle entschieden?
Ganz ehrlich, ich habe keine Ahnung. Es kann sein, dass Freestyle an vielen Spots einfach immer stärker gefördert wurde als Big Air, und dadurch haben sich viele Top-Fahrer im Freestyle einen Namen gemacht. Aber so langsam sieht es danach aus, als ob Big Air immer mehr Aufmerksamkeit bekommt. Ich drücke die Daumen, dass viele dazu beitragen, dass dieser Aufschwung erhalten bleibt – insbesondere bei den Mädels.
Du hast an einigen Air-Games-Veranstaltungen teilgenommen. Das Format sollte ja Freestyle und Big Air kombinieren. Denkst du, so ein Format bildet die richtige Entwicklung für den Sport ab? Und welche Art von Contests würdest du in der Zukunft gern sehen?
Stimmt, ich bin bei den Events in Leucate und Tarifa gestartet. Grundsätzlich finde ich die Idee richtig, etwas am Format dieser Kite-Contests zu ändern. Allerdings glaube ich nicht, dass wir die beiden Disziplinen mischen sollten. Das sind einfach zwei verschiedene Dinge. Ich persönlich würde gerne mehr an extremen Big-Air-Contests teilnehmen in dem Stil wie beim Queen Is Born oder KOTA, bei denen der Einfluss von reinem Freestyle beziehungsweise Wakestyle minimiert wird und dafür extreme Windbedingungen und fette Wellen genutzt werden, um radikale Tricks zu zeigen.
Man sieht relativ wenige Mädels richtige Megaloops ziehen – schon gar nicht so radikale wie deine. Denkst du, du bist die Erste, die Big Air auf diesem Level fahren kann? Hast du eigentlich ein weibliches Vorbild, also eine Kiterin, die dich inspiriert?
Ich kenne da durchaus einige Mädels, die in der Lage sind, mächtige Loops herauszuhauen. Und von denen wird man auch bald mehr hören. Sie müssen nur etwas mehr Support bekommen und wir müssen sie dazu motivieren, noch mehr Gas zu geben. Ich denke, wenn wir ihnen den richtigen Rahmen und gute Möglichkeiten fürs Training liefern, werden die ganz schnell auf einem deutlich höheren Level sein als bisher. Ein konkretes Vorbild habe ich nicht. Ich versuche immer, meine eigenen Limits herauszufinden.
Wann hast du mit Big Air so richtig angefangen? Du kommst ja ursprünglich vom Speed-Kiten.
Zum ersten Mal hatte ich mit 15 Jahren ein Kiteboard in der Hand. Zu der Zeit bin ich noch Skirennen gefahren. Während der folgenden zwei Jahre bin ich nur ein paar Mal zum Kiten gekommen. Nachdem ich meine Skikarriere beendet hatte, war ich erst mal ein paar Jahre in der Kunstszene. So richtig ins Kiten eingestiegen bin ich dann vor fünf Jahren und habe mich zunächst auf die Speed-Disziplin konzentriert. Dabei habe ich relativ schnell herausgefunden, dass ich den Grenzbereich beim Kiten am spannendsten finde, und habe mich dann immer stärker auf Big Air konzentriert.
Als Core-Teamfahrerin hast du vermutlich die freie Auswahl, was dein Material angeht. Ich habe mich etwas gewundert, dass du auf vielen etwas älteren Fotos große Loops mit einem XR springst, während so ziemlich alle deiner männlichen Kollegen dafür einen GTS fliegen. Hast du inzwischen auch auf den GTS gewechselt?
Nein, richtig gewechselt hab ich nicht. Ich nutze immer noch beide Kites. Aber der GTS ist eben eine richtige Loop-Maschine, während der XR besser für maximale Höhe und Speed funktioniert.
Wo kitest und trainierst du am meisten? Solche Starkwindbedingungen ganzjährig zu finden ist ja nicht so einfach.
Ach, das geht eigentlich. Ich bin da nicht sehr wählerisch. Mein Lieblings-Spot ist immer genau da, wo ich möglichst starken Wind bekomme – und das kann fast überall passieren.
Wie sehen deine Pläne für dieses Jahr aus? Wirst du mehr Contests fahren oder einfach für dich selbst versuchen herauszufinden, wie weit du das Level im Damen-Big-Air noch hochschrauben kannst?
Das kann ich jetzt noch nicht verraten, es wird auf jeden Fall einige Überraschungen geben. Definitiv werde ich extremen Big Air bei den Damen weiter vorantreiben. Ich habe den Kopf voller Ideen, also behaltet mich und die Queen-Is-Born-Bewegung auf jeden Fall im Auge!
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