Viana do Castelo im Norden Portugals ist auf jeden Fall einen Besuch wert. Noch dazu, weil hier  ein modernes Sporthotel mit eigenem Surfspot und Station wartet. Text: Niklas Imaz de Zavella

Foto: Lisa May

Portugals unentdeckter Norden

Viana do Castelo ist die Provinzhauptstadt der Region Norte und zählt gerade einmal 80.000 Einwohner. Bis zur spanischen Grenze ist es nur ein Katzensprung. Hier wirkt alles noch etwas verschlafen – Touristen sind eher spärlich gesät. Dafür erscheint das pittoreske Städtchen mit seinem alten Stadtkern umso authentischer. Eingebettet in die sanfte Hügellandschaft liegt Viana an der Mündung des Rio Lima. Von den zahlreichen Aussichtspunkten wie der Basilika „Santuario de Santa Luzia“ lassen sich bereits die weitläufigen Sandstrände und Buchten in direkter Nachbarschaft erahnen. Die wenigen Touristen werden von den Einheimischen mit übersprudelnder Gastfreundschaft begrüßt. Man freut sich offenbar über jeden Besucher. Wenn es nach dem Willen der Stadtverwaltung geht, sollen die in naher Zukunft deutlich zahlreicher werden. Die Stadt will mit finanzieller Unterstützung der Region insbesondere den Wassersport deutlich ausbauen und damit den Tourismus ankurbeln. Eines der ehrgeizigen Ziele: 2017 soll erstmals ein Windsurf World Cup in Viana do Castelo stattfinden. Spätestens dann dürfte es vorbei mit der Beschaulichkeit sein.

Vohersage mal zwei

Die besten Windmonate sind Mai bis September. Dann wird der meist aus nördlicher Richtung kommende Wind lokal durch Thermik verstärkt. Dazu kommt eine lokale Besonderheit: Die Bergformationen in und um Viana do Castelo herum beschleunigen die Luftmassen zusätzlich, sodass die Vorhersage häufig um das Doppelte übertroffen wird. „Wenn Windguru zehn Knoten aus nördlicher Richtung ansagt, dann darf man locker von tatsächlichen 25 Knoten in Viana do Castello ausgehen!“ erzählt José, Eigentümer vom neuen Hotel FeelViana, welches direkt am Spot liegt. Das führe zu einer sagenhaften Windwahrscheinlichkeit von 90 Prozent in den Sommermonaten. Die Windstatistik von Windfinder sieht das freilich anders, aber die berücksichtigt eben diese Effekte auch nicht.

Umliegende Spots gehen vielfach leer aus, wenn es in Viana schon kräftig bläst. Zudem ist der Wind hier besonders konstant, da er frei über das Meer kommt und keine Hindernisse störende Böen erzeugen. Hier bläst es hauptsächlich Sideshore von rechts, wobei der luftige Treibstoff erst am frühen Nachmittag auf volle Kraft beschleunigt. In den Wintermonaten kommt der Wind häufig aus Süd-und Südwestlicher Richtung. „Als wir angekommen sind, sah die Vorhersage nicht wirklich prickelnd aus. Zum Glück hatte ich meinen 12er eingepackt. Tatsächlich hätte ich in dieser Woche aber nur meinen 8er gebraucht! Man hört ja immer wieder von „Windoasen“ und „Traumspots“, wo man die Uhr nach dem Wind stellen kann. Das habe ich noch nie so zuverlässig wie hier erlebt. Pünktlich nach dem Frühstück geht gegen elf Uhr der Wind an. Bereits um 14 Uhr hatten wir knappe 30 Knoten – fast täglich. Einfach der Hammer!“, schwärmt Niklas.


Sommerliche Neo-Pflicht

„Das Thermometer bringt es in den Sommermonaten im Durchschnitt mit der Mittagssonne so auf 25-35 Grad“, erzählt uns José. Nachts kühlt es auf angenehme 15 bis 18 Grad ab. Die Wassertemperaturen erreichen im Sommerhalbjahr etwa 18 Grad. Wärmer wird es nicht, weil der Nordwind kälteres Wasser an die Küste drückt. Ohne Neo geht es hier leider nicht. In den Wintermonaten betragen die Wassertemperaturen frische 13 bis 16 Grad. Dann werden überwiegend 5/4er Neo´s getragen, während im Sommer der 4/3er Anzug in der Regel die richtige Wahl ist.

Foto: Lisa May

Kilometerlanger Sandstrand, feine Wellen und viel Platz

Da unser Trip vom neuen „FeelViana“-Hotel initiiert wurde, haben wir dort natürlich auch übernachtet. Eine gute Wahl: Direkt vor dem Hotel erstreckt sich kilometerweit ein feiner, heller Sandstrand. Richtung Norden wird der Spot durch die Mole an der Flussmündung des Rio Lima begrenzt. Nach Süden hin verläuft die leicht sichelförmige Bucht soweit das Auge reicht. Einziges Störelement in der Postkartenästhetik sind einige Steine sowie größere Felsen in einem kleinen Strandabschnitt leeseitig von der Station, die aber klar separiert und gut sichtbar sind. Platz gibt es reichlich am Strand. Einerseits, weil nur wenige Kiter unterwegs sind, andererseits, weil der feinkörnige Sandstrand zwischen 50 und 120 Meter Breite misst – je nach Tide. Der Stehbereich reicht rund 50 Meter in den Atlantik hinein. Hier sind auch die Wellen noch deutlich kleiner als draußen.

Apropos Wellen: Die können sich sehen lassen. Weiter draußen bauen sie sich auf bis zu 2 Metern auf und laufen klar sortiert in guten Abständen ohne selektiven Shorebreak an den Strand. Während der Sommermonate darf man mit einem bis eineinhalb Metern verlässlich rechnen. Für uns Nordeuropäer genauso wie für Wave-Neulinge sind diese Wellen ein Genuß! Zwei bis drei Turns lassen sich in der Regel aneinanderreihen. Die Locals auf ihren Wellenreitern bringen es sogar auf drei bis vier Turns. Selbst ohne Wind funktioniert der Spot zum Wellenreiten oder Wave-SUP´en. Wir haben in einer Session über zwei Stunden locker 30 Wellen bekommen.Und das Beste: Auf dem Wasser hat man Platz ohne Ende. Zwischen den Wellen werden Kiter mit Flachwasser verwöhnt.

Natürlich trifft man hier an guten Tagen auf einige Wind- und Kitesurfer sowie Wellenreiter oder Boogieboarder. Doch voll wird es hier nur sehr selten. Die langgezogene Bucht erstreckt sich über drei Kilometer nach Süden hin in einem leichten Bogen, sodass hier jeder seine perfekte Spielwiese bekommt. Das wirkt sich auch positiv auf die Sicherheit aus, denn bei Havarien landet man immer wieder irgendwo am Strand. Dennoch investiert das Hotel in ein Rescueboot, um auch den passioniertesten Pechvogel schnell aus dem Wasser zu fischen.

Foto: Lucas Martínez Farra

Sportprogramm für Bewegungsfanatiker

Die hoteleigene Station erreicht man nach einem kurzen Fußmarsch über einen Holzsteg zum Strand. Hier werden sowohl Materialmiete als auch Schulungen angeboten. Die Station ist mit neuem Cabrinha Material ausgestattet. Kites, Twintips, Waveboards und sogar Foilboards stehen zur Verfügung. Nach der Session kann man die nassen Anzüge, Schuhe und Trapez im Trockenraum des Hotels trocknen lassen, der mit einem eigenen Lüftungssystem ausgestattet ist. Zusätzlich befindet sich im Hotel ein großes Sports Center, das viele sportliche Aktivitäten auch neben dem Wassersport anbietet. Wer Ausgleich zur Action auf dem Wasser sucht, kann das portugiesische Hinterland mit Mountainbike, Rennrad oder E-Bike erkunden. Sogar spezielle Fatbikes werden angeboten, mit denen man Touren entlang der Strände fahren kann. Komplettiert wird das umfangreiche Sportprogramm durch Windsurfen, SUP, Wellenreiten, Segelausflügen, Yoga, Pilates, einem Fitnessraum sowie Trailrunning und Trekking-Angeboten. Sportlich gesehen bleiben hier kaum Wünsche unerfüllt. Man muss sich nur noch überlegen, wann mal Zeit zum Ausruhen bleibt.

Fazit

Ein Trip in den Norden Portugals lohnt sich definitiv. Selten haben wir einen so vielseitigen Spot bereist, der dazu noch so unbekannt ist. Der Forecast für unsere Woche sah wirklich schlecht aus. Doch Langeweile würde hier sicher nicht aufkommen: geniale Mountainbiketouren und perfekte Wellen – keine Windwellen, sondern richtige Sets – zum Surfen und SUP sind überzeugende Alternativen für windlose Tage. Und wenn der Wind nach einem Tag Verschnaufpause wieder Vollgas gibt, ist Kiten bis zum Sonnenuntergang angesagt! Spiegelglattes Wasser zwischen perfekten Kickerwellen!

Foto: Lisa May

Gut zu wissen

Anreise: Von fast allen deutschen Flughäfen gibt es direkte Verbindungen nach Porto. Porto liegt etwa 70 km von Viana do Castello entfernt und man gelangt über die Autobahn in etwa 30-40 Minuten zum Hotel.

Stadt Viana: Die Stadt Viana lädt zum Verweilen ein. Viele alte Häuser sowie Gassen mit Bars und Café´s zieren das Stadtbild, aber Touristen gibt es hier – bislang – kaum. Das hat einen schönen Nebeneffekt: Die Preise sind noch nicht touristisch geprägt, sondern entsprechen dem portugiesischen Standard. Die Einheimischen empfangen Touristen sehr herzlich, wie man es früher aus anderen touristisch noch unerschlossenen Regionen noch kennt. Wir hoffen – wenn auch etwas eigennützig – dass das noch lange so bleiben möge.

Infos Hotel FeelViana: José, der Eigentümer der Vier-Sterne-Anlage, hat bei Design und Komfort nichts dem Zufall überlassen. Das Interieur im Scandi-Style wird von hellem Holz dominiert, viel Licht, große Pflanzen und moderne Kunst aus Portugal runden das lässig-elegante Flair ab. Im hauseigenen Surf-Shop werden Kite- und SUP-Material, sowie Fahrräder und E-Bikes vermietet (unser Tipp für no wind days: E-Mountainbike ausleihen und damit zur Basilika Santa Luzia düsen, die auf einem Hügel über der Stadt trohnt). Wer lieber im Hotel sportelt, kann im Fitnessbereich des Hotels pumpen, an einem der Yoga-Kurse teilnehmen, die hier regelmäßt angeoten werden, im Hotelpool planschen oder im hoteleigenen Mini-Skatepark seine Runden ziehen. Das Essen ist uns einen Extra-Punkt wert, besonders das Frühstück. Es gibt eine gute Auswahl an regionalen Leckereien, die genau richtig groß ist, dazu warmes Brot und frisches Obst. Für die Hotelküche konnte José einen Spitzenkoch aus Porto verpflichten, was man bein den Lunch- und Dinner-Gerichten gleich bemerkt.
Website: www.hotelfeelviana.com

Buchung: Günstige Komplett-Angebote inklusive Flug, Hotel und Station findet man zum Beispiel bei kitereisen.com, Ola Sportreisen, Sun and Fun oder KBC Travel.