Foil-Experte Charles Bertrand ist nicht nur studierter Schiffsbauer, sondern entwickelt seit 2012 für F-One Kiteboards und Foils. Wir haben den Franzosen zum „Tech-Talk“ gebeten, um zu erklären, warum ein Foil überhaupt fliegt und was aus seiner Sicht ein gutes Set-up für Einsteiger ausmacht.
Kannst du in möglichst einfachen Worten erklären, warum ein Foil „fliegt“?
Wenn eine Auftrieb erzeugende Oberfläche mit einer gewissen Geschwindigkeit durchs Wasser (oder durch die Luft) gleitet, dann ist die Strömungsgeschwindigkeit auf der Oberfläche höher als auf der Unterseite. Es gibt einige Theorien, die versuchen, diesen Effekt zu erklären, aber nicht einmal die NASA ist sich sicher, welche wirklich stimmt. Also nehmen wir das einfach mal als gegeben hin. Die Strömung auf der Oberfläche wird also beschleunigt, dabei nimmt der statische Druck ab. Der Druckunterschied zwischen der Ober- und Unterfläche erzeugt eine Kraft, die in Richtung der Wasseroberfläche gerichtet ist. Man kann das selbst ganz leicht nachstellen, wenn man zum Beispiel ein Blatt Papier knapp unterhalb des Mundes hält und geradeaus darüber bläst. Der beschleunigte Luftstrom erzeugt einen Bereich mit Unterdruck, der das Papier förmlich nach oben saugt. Bei Foils, die wir beim Kiten einsetzen, nutzen wir den Frontflügel, um diesen Lift (Auftrieb) zu erzeugen. Der Heckflügel, auch Stabilizer genannt, erzeugt dagegen ein wenig Abtrieb, um die Neigung (Pitch-Achse) des gesamten Foils zu kontrollieren. Das Foil drückt also nach oben, sodass der Kiter in der Lage ist, etwas weiter vorn auf dem Board zu stehen und nicht genau über dem Auftriebspunkt positioniert sein muss, um das Gleichgewicht zu halten. Je größer die Distanz zwischen Standposition und diesem Auftriebspunkt, gemessen entlang der Board-Längsachse, ausfällt, desto stabiler steht man auf dem Foil. Anderenfalls würde sich das so wacklig wie Einradfahren anfühlen.
Was macht deiner Meinung nach ein gutes Foil für Einsteiger aus? Welche Eigenschaften sind besonders wichtig und wie erreicht man die?
Ein gutes Einsteiger-Foil sollte in erster Linie korrekt ausbalanciert sein, sodass man ganz natürlich die richtige Standposition findet. Außerdem sollten die Verbindungen zwischen den Einzelteilen steif und haltbar sein. Dadurch hat man eine bessere Kontrolle und bekommt ein gutes Gefühl dafür, was das Foil unter einem macht. Das Foil sollte auch nicht zu stark beschleunigen, damit man kontrolliert unterwegs ist. Die Oberfläche der Flügel ist der wichtigste Parameter, der sich auf den Lift und den Strömungswiderstand auswirkt. Durch einen hohen Aspect Ratio (Streckung) wird der Widerstand reduziert, außerdem nimmt die Kraftentfaltung zu, während die Manövrierbarkeit abnimmt. Für Einsteiger braucht man also eine relativ große Oberfläche, um bereits bei geringer Geschwindigkeit ausreichend Lift zu erzeugen. Je größer die Oberfläche, desto geringer fällt auch die Beschleunigung aus. Die richtige Balance zwischen der Größe der Oberfläche, dem Lift und dem Beschleunigungspotenzial zu finden ist der Schlüssel, um ein gutes Einsteiger-Foil zu entwerfen.
Nicht zu schnell, aber auch nicht zu langsam, damit es nicht langweilig wird, sollte es sein. Der Kiter sollte möglichst lange damit Spaß haben können. Außerdem ist die Form des Flügels entscheidend. Wenn man es richtig macht, kann man einen Flügel bauen, der bereits bei geringem Tempo foilt, aber mit dem man ebenso richtig aufs Gas treten kann, wenn man das möchte. Das Profil des Flügels (die Wölbung) sollte progressiven, aber gleichzeitig relativ sanften Lift erzeugen. Und schließlich ist die Montage des Chassis ein wichtiger Punkt, der oft vernachlässigt wird. Egal ob man schnell foilt oder es gerade erst lernt: Je steifer die ganze Konstruktion ist, desto besser sind die Kontrolle und das Feedback beim Fahren. Kürzere Masten sind am Anfang einfacher zu beherrschen. Sobald man besser wird, kann man mit längeren Masten schneller fahren.
Welchen Board-Typ empfiehlst du Ein- und Aufsteigern: Boards mit viel oder mit wenig Volumen?
Volumen-Boards bieten etwas mehr Auftrieb. Das hilft beim Wasserstart, insbesondere bei wenig Wind, genau wie bei Fußwechseln. Flache Boards bieten dagegen eine etwas direktere Kontrolle, da die Füße näher am Foil stehen. Außerdem sind diese Boards einfacher in der Handhabung beim Wasserstart, da sie nicht so hoch aufschwimmen und sich leichter aufkanten lassen. Am Ende spielt auch der Preis eine Rolle, denn flache Sandwich-Boards sind in der Regel günstiger als die aufwendigen Volumen-Boards. Zudem sind sie robuster.
Bei den Flügeln gibt es sowohl sehr flache Designs als auch Konstruktionen, bei denen die Tips der Flügel geschwungen sind. Außerdem unterscheiden sich viele in Bezug auf die Pfeilung des Flügels. Welchen Effekt hat das auf die Fahreigenschaften?
Nach unten gebogene Tips an den Flügeln helfen, die direktionale Stabilität zu verbessern. Das verbessert die Kontrolle. Ein flacher Flügel hingegen ist effizienter, aber etwas technischer zu fahren. Den Sweep (die Pfeilung nach hinten) sieht man, wenn man von oben auf den Flügel schaut. Je weiter die Tips des Flügels nach hinten gezogen sind, desto mehr Sweep hat der Flügel. Mehr Sweep verbessert die Stabilität und die Kontrolle über die Nick-Achse (Pitch). Bei zu viel Sweep verliert man allerdings wieder Effizienz.
Wiese machen eigentlich einige Foils beim Fahren Geräusche und andere nicht? Und wo entsteht dieses Summen: am Flügel oder am Mast?
Das ist unser kleines Geheimnis. [lacht] Das Geräusch wird durch kleine Turbulenzen verursacht, die kurz hinter der Abrisskante (Trailing Edge) des Flügels oder des Masts entstehen. Wenn die Schwingungen dieser Turbulenzen auf derselben Frequenz schwingen wie die natürliche Schwingungsfrequenz des Flügels, entsteht dieses summende Geräusch. Um das zu beheben oder zumindest zu reduzieren, muss man die Strömung an der Trailing Edge optimieren.
[wp_bannerize group=“content“ random=“100″ limit=“1″]